Sammlungen Freilichtmuseum Finsterau
Nicht fürs Haar
Ein Heidelbeerkamm für flinke Hände
Auf manchen Waldlichtungen des Bayerischen Waldes stehen die Heidelbeersträucher so dicht und so hoch und zwischen den dunkelgrünen Blättern leuchten die Waldbeeren so üppig heraus, dass man gar nicht mehr aufhören will mit dem Sammeln und Pflücken. Aber es ist schon mühsam, sich stundenlang zu bücken und Beere für Beere abzupflücken. Bis da ein Korb voll wird! Für die Menschen früherer Zeit – vor allem die ohne Grundbesitz, ohne eigene Obstbäume – waren die Beeren des Waldes aber ein wichtiges Nahrungsmittel, vor allem eine Vitaminquelle.
Manche Familien haben auch für den Markt gepflückt, außerdem sind zur Zeit der Beerenreife Aufkäufer herumgefahren, und haben den Häuslern ihre Erträge eimerweise für die Konservenfabriken und für den Großmarkt abgenommen.
Wer wirklich volle Körbe und Eimer aus dem Wald nach Hause bringen will, der muss mit einem Beerenrechen arbeiten. Geschickte Hände führen den „Hoiberkamm“ so, dass die Sträucher keinen Schaden nehmen. Was die stählernen Zähne des Kamms abstreifen, sammelt sich in dem flachen Holzkistchen, an dem der Griff befestigt ist. Jeweils nach ein paar Streichen wird das Kistchen in einen Korb entleert. Weil aber mit dem Kamm nicht nur Beeren, sondern auch kleine Stückchen Totholz vom Vorjahr und etliche Blätter mit abgestreift werden, muss daheim in der Stube alles noch einmal ausgelesen werden. Das taten früher vor allem die Alten, denen diese Arbeit, die im Sitzen verrichtet werden kann, willkommen war.
Hergestellt wurden Heidelbeerenkämme von sogenannten Holzbitzlern, also in Heimindustrie direkt in der Region. Im Inneren Bayerischen Wald heißen die Heidelbeeren übrigens Schwarzbeeren: „Schwoazbiar“, der Kamm demnach „Schwoazbiarkampe“.
Inv.-Nr.: F 2006/456 (aus der Sammlung Otto Kerscher)
Text: Martin Ortmeier: Foto: Josef Lang