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Sammlungen Freilichtmuseum Finsterau

Flaschenherrgott oder Arma Christi?

Eingerichte mussten nicht unbedingt teuer sein

EingerichtSeit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen, vor allem im biedermeierlichen Wien, Wachsarbeiten in Mode, die durch zylindrische Glashauben, so genannte Glasstürze geschützt waren. Sie zeigen – montiert auf einem hölzernen Postament – Weihnachtsszenen, Marien-, Christus- oder Heiligenmotive. Käufer solcher Eingerichte waren häufig Pilger, die ein Gnadenbild vom Wallfahrtsort mit nach Hause nehmen wollten.

Aber auch durch den Hausierhandel der Kraxenträger verbreiteten sich die Glasstürze bis in die entlegensten Winkel, mit überwältigendem Erfolg: Die Erzeugnisse der Firma Weinkamer in Salzburg etwa wurden in großem Stil bis zum Ersten Weltkrieg hergestellt und sogar nach Übersee versandt.

Die Glasstürze aber waren teuer und bruchgefährdet, Wachs, Papier und Seidenstoffe des Eingerichts litten unter dem Sonnenlicht. Ohnehin waren nur Klosterwerkstätten oder Manufakturen in der Lage, diese hochwertigen Schmuckstücke herzustellen.

In Heimarbeit wurden im Böhmerwald und in anderen Waldgebirgen derbe Flascheneingerichte dieser Art gemacht. Wie bei einem Buddelschiff mussten die Bestandteile der religiösen Szene durch den engen Flaschenhals ins Innere der Flasche gebracht und dort mit viel Geschickt zusammengesetzt werden. Hier kamen Stöckchen aus Holz und wenige Farben, außerdem kleine gedruckte Bilder zum Einsatz. Mit einem Holzstopfen wurde die Flasche verschlossen.

Dieses Flascheneingericht ist eine Arma-Christi-Darstellung: Jesus Christus am Kreuz ist umgeben von den Marterwerkzeugen (den „arma“) seines Kreuzwegs. Außen ist auf die Flasche ein goldener Rahmen aufgemalt.

Inventar-Nr.: F 1996/110

Text: Martin Ortmeier, Judith Kestler, Foto: Josef Lang (Bildarchiv Freilichtmuseum Finsterau)