• Deutsch - German
  • Englisch - English
  • Tschechisch - Česká republika

 

Sammlungen Freilichtmuseum Massing

Schrott, oder was?

Von Flickstellen und Marken

EmailhafenDas könnte man bei schnellem Hinsehen durchaus sagen: Ein alter Emailhafen, rostdurchsetzt, zahlreiche Absplitterungen, fehlender Deckel. Darüber hinaus ungeschlacht geflickt mit einem aufgelöteten Stück Kupferblech. Ganz so banal ist es dann aber doch nicht. Nicht, dass wir vom Museum aus so einem „Trumm“ nun einen Kultgegenstand machen wollen, kaum dass sich die Tür des Depotschranks geschlossen hat. Auch sind wir keine öffentlich subventionierte Entsorgungsstelle für nicht mehr benötigten Hausrat – auch wenn das von unbedarft-dümmlichen Zeitgenossen hin und wieder zu hören ist.

Zu einem Museum, das seine Zuständigkeit für die Alltagskultur des ländlichen Raumes als wesentliches Merkmal sieht, gehört jedoch gelegentlich auch das Sammeln von Objekten, die augenscheinlich nicht mehr salonfähig sind, manchmal verschlissen daherkommen oder nach landläufiger Meinung nur noch Wegwerfartikel sind. Gewisse Grenzen bestehen natürlich, das ist klar.

EmailhafenWie ein Detektiv kann der Kulturhistoriker, wenn er denn will, sogar aus so einem banalen Gegenstand wie diesem Emailkochtopf das eine oder andere herauslesen. Genau hinschauen muss er freilich schon. Augenfällig ist hier natürlich zunächst einmal die große Reparaturstelle. Sie ist sichtbares Zeugnis einer Zeit, in der nach einer ersten Beschädigung nicht alles gleich ex und hopp war. Vielmehr machte man sich damals die Mühe und reparierte oder ließ reparieren, etwa von einem über Land ziehenden Kesselflicker auf der Stör.

Ein zweiter Blick, nun auf die Bodenaußenseite des Topfes gerichtet, zeigt schnell, dass es sich um einen von Millionen Abkömmlingen des Amberger Stanz- und Emaillierwerkes der Gebrüder Baumann handelt. Wenn man wie hier Glück hat und die oft kryptischen Herstellerkürzel mit Hilfe der Fachliteratur entschlüsseln kann, erfährt man beispielsweise, dass dieses Kochgefäß aller Wahrscheinlichkeit nach 1928 hergestellt wurde, einer Serie extra hoher Töpfe angehört und 24 cm Innendurchmesser hat. Könnte man nun noch seine ehemaligen Besitzer darüber befragen, wer weiß, welche Geschichten sich dann noch um jenes scheinbar so wertlose Objekt ranken. So gesehen ist es dann also doch ein bisschen mehr, als lediglich Schrott, oder?

Topf, Inv.-Nr.: M 1987/124

Text: Ernst Höntze; Photos: Hans Eichinger