Sammlungen Freilichtmuseum Massing
Gut behütet
Ein Wandbilddruck von Fridolin Leiber
Gut behütet wollten Eltern auch in früheren Zeiten ihre Kinder wissen. Schutz und Hoffnung fand man damals noch öfter als heute im Glauben und vielem, was sich damit verbinden und daraus ableiten ließ.
Eines jener Massenprodukte, die auf Grund dieser Tendenzen in unzähligen Varianten hergestellt wurde, war ein solcher meist sehr süßlich anmutender, oft herzzerreißend schmalzig gestalteter Mehrfarbendruck. Einerseits sollte durch die Aufmachung ein wertvolles Ölbild imitiert werden, andererseits ein niedriger Preis die Erschwinglichkeit für jedermann gewährleisten. Auf Grund der Massenproduktion erfuhr dieser Bildtypus dann tatsächlich über Jahrzehnte hinweg enorme Verbreitung und stellte damit den Raumschmuck schlechthin dar, generationenübergreifend und meist bei den sogenannten kleinen Leuten.
In diesem Zusammenhang ist auch dieses detailliert ausgestaltete Schutzengelbild zu sehen. Es zeigt zwei arglos an einem gefährlichen Felsüberhang spielende Kinder: ein Mädchen beim Blumenpflücken und einen Buben beim Schmetterling-Fangen. Was da nicht alles passieren könnte! denkt sich der Betrachter unwillkürlich, denn er sieht ja wie ein Kinobesucher weitaus mehr, als die Protagonisten selbst. Immer dann, wenn es gerade am interessantesten ist, scheint auch hier die Gefahr überproportional anzuwachsen! Zum Glück wacht aber der im Hintergrund lautlos herbeigeschwebte Kind-Engel mit ausgebreiteten Armen über das Wohlergehen der Kleinen und lässt damit der friedlichen Idylle ihren Lauf.
Die sonst recht einfache weitere Aufmachung des Bildes besteht aus einem schlichten Fichtenholzrahmen. Er ist maseriert, sparsamst mit Abziehbildern dekoriert und verglast. In Ansätzen erinnert seine Form an die Zeit des Jugendstils. Er dürfte aber in den 1920er Jahren entstanden sein. Das kartonierte Bild selbst stammt wohl ebenfalls aus der Zeit oder ist sogar ein bisschen älter.
Vielleicht hat das Motiv, das der süßlichen Szene zu Grunde liegt, sogar die einstigen Besitzer in einer schweren Zeit dazu inspiriert, ausgerechnet dieses Bild als passendes Hochzeitsgeschenk einem jungen Paar zu schenken, das 1945 den Bund fürs Leben schloss. Die mutmaßlich damit verbundene Absicht hatte durchaus ihre Berechtigung. Sie bestätigt sich umso mehr, wenn man weiß, dass das Bild kurz nach dem grundsätzlich schönen Ereignis ihrer Hochzeit ins Fluchtgepäck des beschenkten Paares kam und vom Böhmerwald nach Niederbayern zwangsverfrachtet wurde. Dort blieb es dann bis zum Tod der einst Beglückten und gelangte danach ins Museumsdepot.
Schutzengelbild, Inv.-Nr. M 2003/103
Text: Ernst Höntze; Foto: Archiv Freilichtmuseum Massing, Hans Eichinger