Sammlungen Museum Massing
„Das Scheppern der Melkeimer hat mich in den Tag geläutet“
Mit der Milchwirtschaft kam der Melkeimer
Der aus Stahlblech geformte Melkeimer ist zugleich Zeugnis des industriellen Zeitalters – denn vor diesem dienten hölzerne Schaffel zur Melkarbeit – und des langen Fortbestandes traditioneller Handarbeit in der bäuerlichen Landwirtschaft.
Vier Zitzen hat das Euter einer Kuh, jede Zitze muss regelmäßig ausgemolken werden. Dazu setzt sich die Melkerin (Schweizerin) – vielfach haben Melkarbeit aber auch Männer gemacht – auf einem Schemel neben die Kuh und klemmt einen Eimer zwischen ihre Knie. In gleichmäßigen Bewegungen streifen die Finger beider Hände aus dem Euter in einem feinen Strahl körperwarme Milch in den Eimer.
Dieser industriell gefertigte Eimer hat ein ovales, nach untern sich leicht verjüngendes Gefäß, er ist gerade so hoch, dass er mit seinem Standring auf den Boden aufgesetzt werden kann, während die Knie ihn oben sicher halten. Die beiden „Segel“, die seitlich angeschweißt sind, liegen auf dem Oberschenkel auf. Der Henkel klappt zur Seite, damit er beim Melken nicht stört, aber er sinkt nicht ganz nach unten, denn er muss mit sicherem Griff gefasst werden können, wenn die Melkerin aufsteht, um zur nächsten Kuh, oder zum Umfüllen zur Milchkanne geht.
Geringe Mengen Milch für den täglichen Bedarf einer Familie konnte man mit einer Hand in eine Schüssel oder einen Krug melken. Wenn aber große Mengen Milch von vielen Kühen für den Transport in eine Molkerei oder auf der Alm zur Käseherstellung gemolken werden sollten, war ein hohes hölzernes Schaff oder ein Melkeimer nötig.
Melkgeschirr muss immer gründlich gereinigt werden, damit an die Milch keine Keime gelangen, deshalb sind die Stahlblecheimer wie auch die Kannen verzinnt. Die Verzinnung verhindert das Rosten des Stahlblechs.
Erst die Erfindung der Melkmaschine und deren Massenproduktion haben den Melkeimer zu einem Gerät der Vergangenheit gemacht und moderne Technik in den Kuhstall gebracht.
Gemolken wird am frühen Morgen und am Abend. Dem Flüchtlingskind Johann Bachmeier war – auf einem Bauernhof bei Haarbach im unteren Rottal, wo er mit seiner Mutter einige Jahre Herberge hatte – der morgendliche Klang der leeren Eimer Anzeichen von Frieden und sicherer Ernährung: „Das Scheppern der Melkeimer hat mich nun jeden Morgen in einen glücklichen Tag geläutet.“
Inv.-Nr. M 2004/127, Melkeimer Stahlblech verzinnt
TEXT: Martin Ortmeier | PHOTOS: Hans Eichinger, Bildarchiv Freilichtmuseum Finsterau