Sammeln
Das Vergnügen des Entdeckens
Das Sammlungskonzept der Niederbayerischen Freilichtmuseen fokussiert die bäuerliche Kultur des ausgehenden 19. bis späten 20. Jahrhunderts. Es umfasst ganze Häuser und Höfe, darüber hinaus Ensembles und Einzelstücke aus dem Wohnen und Wirtschaften der bäuerlichen und kleinbäuerlichen Bevölkerung. Das Landhandwerk wird durch Gerätschaft, Rohware und Produkte einiger regional bedeutsamer Gewerbe beispielhaft berücksichtigt.
Sammlungstücke erwirbt das Museum „im Feld“, von Sammlern, aus dem Kunst- und Antiquitätenhandel, nur in seltenen Fällen auch von anderen Museen. Der Besitz des Museums kann durch Kauf, Schenkung oder Leihgabe entstehen.
In volkskundliche Museen werden häufig Gegenstände aufgenommen, die zuvor als wertlos galten: Strandgut der Kulturgeschichte. Aber auch hier muss de jure ein Besitz- oder Eigentumsübergang zu Gunsten des Museums erfolgen. Jede Aufnahme von Kulturgut in die Obhut eines öffentlichen Museums ist Bergung aus der Gefahr des Vergehens, des verloren oder zu Grunde Gehens.
Das Erwerben „im Feld“ ist Bergen im engeren Sinne. Viele Zeugnisse der Vergangenheit befinden sich noch beim ursprünglichen Nutzer oder beim Hersteller. Sie dort aufzuspüren, ist die Kunst des öffentlichen Sammlers. Sein Wissen über die historischen Zusammenhänge in der Welt der Dinge und das Sammlungskonzept des Museums regieren Suche und Auswahl.
Beim Auffinden sind Informationen verfügbar, die verloren gehen, wenn das historische Ding ins Museum geholt wird. Nur mit diesen Informationen aber ist es vollwertiges Zeugnis der Vergangenheit. Deshalb wird mit den Methoden der historischen Wissenschaften „vor Ort“ in Wort, Bild und Ton alles dokumentiert, was über Herkunft, Schicksal und Gebrauch zu ermitteln ist. Mit dem neuen Sammlungsstück wandern auch Nachrichten in den Fundus des Museums. Historische Dinge hatten einmal unmittelbar mit Menschen zu tun. Deren Würde ist im Umgang mit diesen Dingen stets zu achten. Von diesen Menschen leitet sich die Würde der historischen Zeugnisse ab.
Indem das Museum ein Ding heraushebt aus der „Asservatenkammer des Alltags“ – sei es die Stube oder die Werkstatt eines Verstorbenen, sei es der Klapptisch des Flohmarkttrödlers, sei es der hinterste Winkel des seit Jahren ungenutzten Heustadels – und ihm einen Namen, eine Nummer und einen Platz im Museum gibt, verleiht es ihm Bedeutung und Würde, die ihm vorher nicht zueigen waren. Unsichtbar steht auf jedem Museumsstück in goldenen Lettern die Aufschrift „Zum Andenken“. Zum Andenken an die Menschen, die das Ding geschaffen, benutzt und bis zum Eingang in die Sammlung des Museums bewahrt haben.
So wenig sichtbar diese Aufschrift ist, so verborgen ist auch der Quellenwert der Dinge. Deshalb muss jedes Sammeln im Museum ein Forschen begleiten.
Die Aufgaben des öffentlichen Museums sind unverändert bis heute Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln. Es ist mühsam und aufwändig, über das Sammeln und das zur Schau Stellen hinaus auch das Bewahren, das Forschen und das Vermitteln zu leisten. Die Dokumentation im Zuge des Sammelns schafft die Grundlagen für das weitere Forschen und für die Vermittlung in Anschauung, Schrift, Bild, Sprache und Zeichen.
TEXT: Martin Ortmeier | FOTOS: Josef Lang, Gerhard Nixdorf
Fundort Stadel
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