Erfassen
Die Fron der Inventarisation
Wenn ein Sammlungsstück in den Besitz oder das Eigentum des Museums eingeht, ist es in einem Eingangsbuch zu nennen, die Begleitumstände des Erwerbs sind zu vermerken. Die in der Abfolge fällige Inventarnummer wird zugewiesen und mit dem Gegenstand verbunden. Es ist gleichgültig, ob das Eingangsbuch ganz herkömmlich als gebundenes kaufmännisches Journal oder in digitaler Form geführt wird. Entscheidend ist, dass es lückenlos geführt wird und dass es keine Manipulation zulässt. Radieren verboten! Schwärzen tabu!
Der nächste Schritt ist die Konservierung des Bestands, also Reinigung, Festigung und dergleichen. Erst damit ist der Erwerb abgeschlossen und die Inventarisierung kann beginnen. Das Anbringen der Inventarnummer am Objekt und die Herstellung eines fachlich einwandfreien Lichtbildes sind zeitaufwändig. Verschiedene Objekte – Glas, Leder, Stahl, Gewebe – stellen vor ganz verschiedene Probleme.
Inventarisierung geschieht herkömmlich mit Hilfe einer Kartei, digitale Datenbankprogramme sind seit langem ein Standardhilfsmittel. Die Freilichtmuseen Finsterau und Massing verwenden mit Erfolg das Programm MuseumPlus. Jedes Inventarblatt, jede Karteikarte muss mindestens folgende Angaben enthalten: Inventarnummer, Name, Lichtbild, Herkunft und Standort, den Verweis auf direkt zugehörige Quellen, außerdem das Zeichen des Sachbearbeiters. Beschreibung und Verweis auf weitere Quellen sind wichtig, aber nicht unerlässlich.
Jedes Ding braucht einen Namen. Über den Namen verknüpfen wir es mit einer Inventarnummer. Und nur mit Hilfe eines Namens können wir über das Ding kommunizieren. Manche Namen sind unzweifelhaft, über viele aber muss man sich einigen: Welchen Namen soll welches Ding tragen?
Ein Wortschatz – Thesaurus – soll dabei helfen. In der Praxis des Inventarisierens gibt es zwei Wege, sich zu einigen. Der einfachere Weg ist es, sich auf ein überschaubares Gefüge von Sachgruppen zu verständigen und dieses in zwei oder drei Ebenen zu untergliedern. Das Gefüge der Namen ist so beschaffen, dass jedes mögliche Ding auf dieser Welt darin sein Unterkommen findet. Es soll ihm genügen zu sagen: Hierzu gehöre auch ich, gleichgültig, welchen Namen ich trage. Das ist praktisch. Der andere Weg ist beschwerlicher, aber er führt höher. Jedes Ding bekommt seinen eindeutigen Namen, auf den sich die Gemeinde der Museumsleute einigt. Jeder Name wird eingefügt in ein wachsendes System von Oberbegriffen. Eines fernen Tages wird die Welt der Dinge ihr Abbild in einem umfassenden Thesaurus finden. Das ist lobenswert.
Das Freilichtmuseum Massing hat sich mit der Landesstelle für die Betreuung der nichtstaatlichen Museen in Bayern auf diesen beschwerlichen Weg begeben.
Mit alten Menschen, alten Handwerken und Gewerben stirbt auch Wissen. Den Namen historischer Dinge zu ermitteln, ihre Gestalt und Funktion, ihre Zugehörigkeit zu einem größeren Ganzen festzustellen, ja auch ihre Bedeutung zu erkennen und zu beschreiben, ist Aufgabe des Volkskundlers, des Kunsthistorikers, des Archäologen.
Die Freilichtmuseen Finsterau und Massing haben in Zusammenarbeit mit erfahrenen Sachvolkskundlern zu mehreren Objektgruppen historische Quellen zusammengetragen, ausgewertet, geordnet und für die Zwecke der Inventarisierung kommentiert. Abbildungen sind vielfach beigefügt. Der Herausgeber, Martin Ortmeier, nennt diese Inventarisierungshilfen Leitfaden.
Solche Leitfäden stehen inzwischen zu den Objektbereichen Hopfenwirtschaft, Seilerei, Schusterhandwerk, Schmiede- und Schlosserwerkzeug, Korbwaren, Texilien, Forstwerkzeug und -Geräte zur Verfügung. Zu Keramik existiert bereits eine beispielgebende Veröffentlichung von Werner Endres.
TEXT: Martin Ortmeier | FOTOS: Josef Lang, Hans Eichinger
Inventarisierungskiste
Auftragen der Inventarnummer auf das Objekt
Objektfotografie
EDV-Inventarisierung
Depotarbeit