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Sammlungen Freilichtmuseum Massing

Kraft auf den Acker bringen

Ein Rottaler Kummet aus Ahornholz und Rindsleder

1.300 N (Newton) Zugkraft muss ein Arbeitspferd auf den Acker bringen, wenn es einen einscharigen Pflug durch die Krume ziehen soll, also etwa 130 kp (Kilopond). Das kann auch ein kräftiger Mann an den „Mucki-Galgen“ des Fitness-Studios etliche Minuten leisten. Aber das Pferd muss es über viele Stunden schaffen, und wenn der Rossknecht, der den Pflug führt, ermüdet ist und sich die Schar unversehens einmal tiefer in den Boden zeiht, dann steigt der Kraftbedarf für kurze Zeit auf mehr als 2.500 N.

Pferd

Ackerboden wurde für die Feldbestellung sehr lange Zeit ausschließlich mit der Haue bearbeitet, die Erfindung des Pfluges als Fortentwicklung des Ackerhakens und seine Verbesserung mit Radvordergestell, ein Erfolg des hohen Mittelalters, erlaubten eine bedeutende Steigerung der Felderträge und damit der Ernährung der Menschen auch der wachsenden Städte.

Zunächst zogen die Menschen selbst Haken und Pflug. Bald wurden Rinder vorgespannt, die Zugriemen und -seile wurden mit Schlaufen an den Hörnern eingehängt oder mittels hölzerner Joche vor den Hörnern an der Stirn angelegt. Breite Brustriemen verwendete man zum Anspannen von Pferden, weil diese Sielen aber die Muskeln abschnürten und die Durchblutung hemmten und weil sie scheuerten, konnten Pferde mit der Leistung der Ochsen nicht mithalten, wenn sie auch deutlich schneller waren. (Nur zur Erinnerung an den Physikunterricht: 1 PS, also eine Pferdestärke ist eine Leistung von 75 kp mal Meter je Sekunde!). Man behalf sich mit Polsterungen, die man unter die Riemen schob, mit Bälgen aus Leinen oder Leder, die man mit Stroh, Rosshaar oder Seegras füllte.

RösserEs war erneut die immens innovative Gesellschaft des hohen Mittelalters, die dem Problem Abhilfe schuf: Die Polster bekamen einen hölzernen Rahmen, der als ovaler Ring den Pferden um den Hals gelegt wurde, am Rahmen wurden stählerne Ringe befestigt, in welche die Zugstränge und -riemen eingehängt werden konnten. Der Name dieses Gerätes ist Kummet.

Immer stabiler, immer klüger ausgestaltet wurden diese Kummete, bis wir bei dem um 1930 hergestellten Kummet angelangt sind, das sich aus dem Rottal erhalten hat. Laut Inschrift auf einem mit verarbeiteten Messingschild hat es die "Fred Fraunhofer Sattlerei Triftern" hergestellt.

Dieses einfache, sauber gearbeitete Hörnerkummet diente einem Bauern in Geisberg bei Wittibreut zum Anspannen eines mittelschweren Ackerrosses an Pflug oder Wagen. Erhalten ist nicht allein das Kummet, sondern auch die Zubehörteile Kummetkissen, Halfter, Zügel, und Ruckschlag sind vorhanden. Nicht alle Teile wurden speziell für dieses Geschirr angefertigt, denn in der Alltagspraxis auf dem Bauernhof wurde kombiniert, was man hatte und was sich eignete. Nur Prunkgeschirre wurden komplett neu hergestellt.
Wir bewundern heute den klugen Detailreichtum und die handwerkliche Schönheit eines solchen Kummets. Wir sehen einen schlanken, hohen Kummetkorpus aus geschwärztem Ahornholz mit relativ weit abstehenden gerundeten Hörnern. Der Bezug ist aus Rindsleder gefertigt. Sogar für den Lauf der Zügelriemen sind Ringe montiert. Das erlaubte, die Trense mit leichter Hand zu steuern und es hinderte, dass herabhängende Riemen dem Pferd in die Beine kamen.

Wozu sind die hölzernen Hörner des Kummetkörpers gut? Daran ließ sich das Kummet sicher fassen, wenn Kissen und Lederpolster nach der Arbeit nassgeschwitzt waren. Dort ließ sich bei der Arbeit oder in Pausen aber auch der zusammengerollte Zügelstrang einhängen, und der Hut oder die Joppe des Gespannführers nahm sich auch nicht schlecht aus an dieser „Garderobe“.

Mittelschweres Zuggeschirr aus Triftern, Inv.-Nr. M 1986/281

TEXT: Martin Ortmeier | PHOTO (oben): Hans Eichinger | PHOTO (unten): Gerti Dilling