Das Geburtshaus des „Baumsteftenlenz“ wird Literaturhaus für den Bayerischen Wald
Ein Haus wechselt seinen Ort – und seine Bestimmung. Es war kaum noch abzuwenden, dass das stattliche alte Holzhaus in Pronfelden bei Spiegelau für immer verloren ginge. Jetzt hat es das Freilichtmuseum Finsterau samt Glockenturm abgebaut und wintersicher eingelagert. Als Ort der Literatur soll wieder Leben in das Haus einziehen. Zum Gedenken an den großen Schriftsteller Paul Friedl wird es künftig als Literaturhaus Bayerwald Böhmerwald dienen.
Der Romancier und Heimatforscher Paul Friedl (1902–1989) prägte mit seinen Romanen der 1950er bis 1970er Jahren nachhaltig das Bild der Menschen, des Lebens und des Brauchtums im Bayerischen Wald. Zu seinen Werken zählen auflagenstarke Romane wie „Daheim scheint die Sonne anders“ (1963) und „Veit Ameis“ (1967).
Bekannt ist er bis heute als „Baumsteftenlenz“. Sein Geburtshaus soll nun als dauerhaftes Symbol für die literarische Vielfalt des Bayerwalds und Böhmerwalds im Freilichtmuseum Finsterau wiederauferstehen. 2020 wird es seinen festen Platz im Museum finden.
Als lebendiges Literaturhaus wird der zweigeschossige Blockbau aus dem Jahr 1841 der Kulturpflege im inneren Bayerischen Wald einen kräftigen Impuls geben. Die Sparkasse Freyung-Grafenau und die Bayerische Sparkassenstiftung fördern die innovative Konzeption: Die Räume sollen dem Lesen, Zuhören und Mitteilen dienen. Dazu wird nicht nur mit dem traditionellen Medium Buch, sondern auch mittels vielfältigen auditiven, visuellen und „smarten“ Medien an Texte und Literatur herangeführt. Sprache soll zum Erlebnis werden.
Eine Schreibwerkstatt wird Texten und Sprechen durch innovative Methoden ermöglichen. Tablet und Smartphone sind die aktuellen technischen Mittel, Bleistift und Papier sollen aber nicht außen vor bleiben. Sprachfeldspiele, Slam-Poetry, poetische Grenzgänge werden den Horizont erweitern.
Neben Ausstellungen zur Literatur der Region wird das Haus Räume für Lesungen und Symposien beherbergen. Eine Handbibliothek wird zum Blättern und Lesen einladen, interaktive Medien ermöglichen eine spielerische und schöpferische Begegnung mit Wörtern, Sprechakten und Texten. Auch auditiv lässt sich viel erleben: Von Profis eingesprochene Leittexte bieten ein breites Spektrum an Texten von Hochsprache bis Dialekt und können individuell abgerufen werden.
Die authentische Literaturstätte findet im Freilichtmuseum Finsterau einen würdigen Platz. Neben den vielen Entdeckungsmöglichkeiten im Haus lädt auch die Umgebung zum Verweilen ein. Vor der Tür des Paul Friedl-Hauses öffnet sich nach Süden und Westen ein ungestörter Natur- und Kulturraum, der die geschriebene und gesprochene Sprache mit der heimischen Umgebung verschmelzen lässt.
Photo 1: Die Errichtung und Ausstattung des Literaturhauses wird durch eine gemeinsame Förderung der Bayerischen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Freyung-Grafenau maßgeblich gefördert.
Die Vorstände der Sparkasse Freyung-Grafenau, Vorstandsvorsitzender Stefan Proßer und Vorstandsmitglied Dietmar Attenbrunner (1. und 6. v.l.), freuen sich, 15.000 Euro aus eigenen Mitteln für das Projekt zur Verfügung stellen zu können und angesichts der hohen überregionalen Wirkung auch die Unterstützung der Bayerischen Sparkassenstiftung mit weiteren 30.000 Euro erhalten zu haben.
„Die Sparkassenorganisation ist bayernweit mit einer Fördersumme von rund 47 Mio. Euro pro Jahr der größte nichtstaatliche Kulturmäzen“ sagt Dr. Ingo Krüger (3. v.l.), Geschäftsführender Vorstand der Bayerischen Sparkassenstiftung. In der Vermittlung von Kulturgut über die klassischen Methoden hinauszugehen ist ein Schwerpunkt der Bayerischen Sparkassenstiftung.
Bezirkstagspräsident (Niederbayern) Dr. Olaf Heinrich (4. v.l.) und Bürgermeister (Mauth-Finsterau) Ernst Kandlbinder (5. v.l.) verantworten die Gesamtfinanzierung der Maßnahme Literaturhaus Bayerischer Wald Böhmerwald. Museumsleiter Dr. Martin Ortmeier hat das Konzept ausgetüftelt und soll zeitnah für die Umsetzung sorgen. (Photo: J. Lang)
Photo 2: Unmittelbar an der vielbefahrenen Staatsstraße hatte das alte Holzhaus keine Überlebenschance. Wäre darin nicht 1902 der Dichter Paul Friedl geboren worden, hätte man es schon vor Jahrzehnten abgebrochen. (Photo: J. Lang, 2016)